Das ist nun ein sehr umfangreiches Thema, welches ich versuchen werde so übersichtlich wie möglich zu behandeln.
Zunächst einmal ist zu klären, welche Behandlung der Lack überhaupt benötigt. Ziel dabei ist es, so viel zu tun wie nötig, aber so wenig und so effizient wie möglich. Das bedeutet, dass ein drei Jahre altes Garagen-Auto mit 30.000 km Laufleistung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine andere Herangehensweise benötigt als ein 12 Jahre altes Laternenparker-Fahrzeug in der Großstadt mit einer Gesamt-Fahrleistung jenseits der 200.000 km, an dem bisher nichts gemacht wurde.
Bei dem jungen Fahrzeug muss der Lack vor dem Versiegeln eventuell nur gereinigt und von Mikrokratzern befreit werden. Dies geschieht meist in einem Arbeitsgang mit Hilfe einer Hochglanzpolitur mit nur feinen Schleifanteilen.
Bei dem älteren Fahrzeug hingegen kann es im schlimmsten Fall folgendermaßen aussehen: zunächst wird der ausgeblichene Lack mit einer aggressiven Schleifpaste und einem stark abrasiven (Material abtragenden) Pad rotierend poliert. (Siehe Bumblebee's Foto) Dann darf das Fahrzeug erst mal einige Wochen in diesem Zustand herumfahren. Warum? Weil der Lack nachkreiden kann. Das bedeutet, selbst unter einer Versiegelung könnte der Lack wieder ausbleichen, die Finish-Arbeiten wäre also komplett vergebliche Liebesmüh.
Vorsicht! Je aggressiver man arbeitet, desto mehr muss man auf die Kanten im Blech achten!! Wenn Ihr hier nicht aufpasst, schleift Ihr dort den Lack fix mal nebenbei durch, weil der Druck auf einer Kante viel höher ist, als wenn das Pad sich auf einer geraden Fläche abstützen kann.
Im günstigen Fall bleicht der Lack während dieser Wochen nur sehr wenig aus, so dass eine Behandlung mit einer Schleifpolitur und einem normal abrasiven Pad als nächster Schritt ansteht. Sieht der Lack hingegen nach den o. g. Wochen wieder fast so aus wie vorher, verlangt dies nach einer weiteren Behandlung mit der Schleifpaste, und dann gilt es zu entscheiden, ob nochmals einige Wochen gewartet werden muss, oder ob gleich der nächste Arbeitsgang mit der Schleifpolitur erfolgen kann. (Wer jetzt durcheinander kommt: bitte nicht Schleifpaste mit Schleifpolitur verwechseln!)
Nächster Schritt ist die Hochglanzpolitur, um die in jedem Fall bei den vorherigen Behandlungen entstandenen Hologramme (Schleifspuren) zu beseitigen, den Lack auf Hochglanz zu polieren und somit für die endgültige Konservierung vorzubereiten.
Nun sind aber nicht nur die Bestandsanalyse wichtig und die Auswahl der geeigneten Polituren, sondern auch die Polierpads. Brauche ich ein stark abrasives Pad, nehme ich zum Beispiel ein Wollpad. Außer Schleifpapier ist nichts aggressiver als ein Wollpad. Mir ist sehr wohl bewusst, dass diese Aussage der landauf landab verbreiteten Meinung sowie der einiger „Fachverkäufer“ entgegensteht, die die Wolle (auch) zum Hochglanzpolieren empfehlen. Das ändert aber nichts an dem Wahrheitsgehalt meiner Aussage. Ferner gibt es sehr unterschiedliche Schaumstoff-Pads, von aggressiv bis hin zu supersanft. Das richtige Zusammenspiel aus den verschiedenen Polituren und den unterschiedlichen Pads und den sich daraus ergebenden Kombinationen lehrt einen am besten die Erfahrung.
Um es noch ein wenig komplizierter zu machen, kann nun noch rotierend oder exzentrisch gearbeitet werden. Rotierend geht schneller, exzentrisch ist sanfter und ungefährlicher.
Auch bei den Polituren gibt es große Unterschiede, was Schleifgrad und Glanzgrad anbelangt. Darüber hinaus gibt es Polituren, bei denen die Schleifpartikel ihre Wirksamkeit behalten im Gegensatz zu denen, wo die Schleifpartikel sich (gewollt) abnutzen. Letztere haben einen relativ hohen Schleifgrad und gleichzeitig einen – relativ – hohen Glanzgrad. Sie bedürfen aber einer auf sie abgestimmten Vorgehensweise beim Polieren, um ihr Potential auch auszuschöpfen.
Zu guter letzt gibt es noch die Kombipräparate, die alles können (wollen). Sie können zwar alles, aber nichts vernünftig (etwas lapidar ausgedrückt). Aber auch sie haben ihre Daseinsberechtigung für diejenigen Fahrzeuge, die alle 2 bis 3 Monate damit behandelt werden. Länger hält deren Konservierungsschutz nicht an, und sie besitzen meist auch nur sehr geringe Schleifpartikelanteile, die aber für ein gut gepflegtes Auto in den meisten Fällen vollkommen ausreichen. Recht bekannt und gut ist zum Beispiel Grojet2000. Dabei ist zu beachten, dass Grojet den Lack sehr sanft schleift und reinigt, aber auch im gleichen Arbeitsgang konserviert. Ein derart behandeltes Fahrzeug anschließend nochmals zu versiegeln ist insofern widersinnig, als dass eine Versiegelung sich mit dem Lack verbinden soll, um Dauerhaftigkeit gewährleisten zu können. Wie aber soll sich eine Versiegelung mit einem konservierten Lack optimal verbinden? Eben, das weiß ich auch nicht. Hält vielleicht eine Zeit lang, aber eben nicht so lange, wie es dieselbe Versiegelung auf einem optimal vorbereiteten – nackten – Lack tun würde. Solange man allerdings rechtzeitig (!) die Versiegelung wieder auffrischt, wird’s dem Lack egal sein.
Nochmal (weil unter dem Begriff „Polieren“ alles mögliche und unmögliche verstanden wird): es gibt Polituren (zum Polieren und Reinigen des Lackes), es gibt Konservierungsmittel (z. B. Wachs, Versiegelung), und es gibt Kombiprodukte (können beides mehr oder weniger anständig). Polieren ist notwendig, um den Lack nachhaltig schick zu machen und für die Versiegelung vorzubereiten. Alles andere ist Pfusch. Wem es nur um eine kurzzeitige Farbauffrischung geht, kann sich ein Pfund Margarine kaufen und das Auto damit einschmieren. Frischt ein ausgeblichenes Rot optisch wieder auf, hält aber nicht vor, da am Lack ja überhaupt nichts verändert wurde. Also wenn, dann bitte richtig.
„Verkaufsaufbereitungen“ gibt es bei mir aus diesem Grunde nicht. Wenn ein Fahrzeug verkauft werden soll, dann weigere ich mich, den Käufer zu bescheißen. Entweder das Fahrzeug ist ordentlich aufbereitet, d. h. die Optik entspricht dem „echten“ Zustand, oder es wird halt so verkauft, wie es gerade ohne Aufbereitung ist. Kurzzeitiges Aufhübschen ohne Nachhaltigkeit (Fernseh-Tipps wie z. B. Cola auf die Reifen schmieren und ähnlichen Schwachsinn) ist in meinen Augen nichts anderes als Betrug.
Wer das jetzt alles gelesen und verstanden hat (ich hoffe, ich habe es ausreichend gut erklärt), wird die Frage nach dem Universal-Vorschlag zu einer optimalen Vorgehensweise gar nicht mehr stellen. Trotzdem will ich versuchen, einige Empfehlungen zu geben. Diese Vorschläge richten sich in erster Linie an diejenigen unter Euch, die sich eventuell zukünftig selber um die Pflege ihres Fahrzeuges kümmern möchten, bisher aber keine (ausreichende) Erfahrung sammeln konnten oder ihr Können weiter ausbauen möchten.